In-vivo-Therapien: CRISPR/Cas im menschlichen Körper

Mehrere Studien testen die Möglichkeit, Krankheiten direkt im menschlichen Körper mit der Genschere CRISPR/Cas zu behandeln.

in-vivo-Therapien mit CRISPR

CRISPR/Cas wird u.a. für die Therapie von Sichelzellanämie und ß-Thalassämie getestet

Im Jahr 2020 erfolgte der erste Versuch, mit der Genschere CRISPR/Cas das Erbgut direkt im menschlichen Körper zu verändern. Mittlerweile verfolgen mehrere Studien dieses Ziel:

Weitere klinische Studien nutzen CRISPR/Cas, um das Erbgut von Körperzellen im Labor zu verändern:

Transthyretin-Amyloidose (Intellia Therapeutics)

Überzeugende Ergebnisse zeigte eine Therapie der US-Firma Intellia Therapeutics, die gegen die sehr seltene Erkrankung Transthyretin-Amyloidose (ATTR) gerichtet ist. Die Genschere soll ein Stoffwechselgen in der Leber ausschalten und damit schädliche Proteinablagerungen in Körpergeweben verhindern. Erste Zwischenergebnisse deuten an, dass die Produktion eines fehlgefalteten Proteins drastisch reduziert wurde.

Welche Krankheit wird behandelt?

Weltweit sind etwa 50 000 Menschen von der ATTR betroffen. Die Ursache liegt in einem Defekt in dem Transportprotein Transthyretin: Transthyretin wird von der Leber erzeugt, in das Blut freigesetzt und ist am Transport von Vitamin A und Schilddrüsenhormonen beteiligt. Ein Gendefekt führt zu Fehlfaltungen von Transthyretin, die zu Ablagerungen in Körpergeweben führen. Betroffen sind vor allem Herz (Kardiomyopathie) und Nervengewebe (Polyneuropathie). Die Krankheit verläuft schleichend, führt aber häufig zum Tode.

Wie wirkt die Therapie?

Die Therapie NTLA-2001 wird systemisch über den Blutkreislauf in den Körper der Erkrankten verabreicht. Sie basiert auf Lipidvesikeln, die die Genschere Cas9 in Form von Boten-RNA sowie die guideRNA enthalten1. Die Vesikel gelangen in die Leber und werden von den Leberzellen aufgenommen. Die Genschere inaktiviert das Gen für Transthyretin und verhindert die Herstellung des Proteins. Transthyretin ist nicht lebensnotwendig, die Inaktivierung des Gens hat daher keine schwerwiegenden Folgen.

Gibt es bereits Zwischenergebnisse?

Die Studie ist 2021 gestartet und hat bislang 15 ATTR-Patienten mit Polyneuropathie eingeschlossen, die vier unterschiedlichen Dosen von NTLA-2001 erhielten2. Bei 12 Patienten, die höhere Dosen erhielten, zeigte sich eine eindeutige Wirkung3:

  • der Plasmaspiegel von Transthyretin verringert sich um etwa 90 %
  • die Wirkung lässt über den bisherigen Beobachtungszeitraum von 6 bis 16 Monaten nicht nach
  • die Nebenwirkungen blieben eher mild, es waren keine Schäden im Lebergewebe beobachtbar
  • allerdings ist noch unklar, ob die Symptome der ATTR zurückgehen (der Beobachtungszeitraum ist zu kurz)

Es scheint auch möglich zu sein, die Behandlung zu wiederholen. Drei Patienten, die anfangs die niedrigste Dosis erhielten, wurden zwei Jahre später mit einer höheren Dosis nachbehandelt11. Während die erste Dosis den Transthyretinspiegel nur um etwa 50 % senkte, erreichte die zweite Dosis eine Senkung um insgesamt 95 %.

Lebersche kongenitale Amaurose 10 (Editas Medicine)

Als bislang nur eingeschränkt wirksam zeigte sich eine Therapie gegen die Augenerkrankung Lebersche kongenitaler Amaurose 10 (LCA10). Die US-Firma Editas Medicine will mit CRISPR/Cas9 einen Defekt in dem Gen CEP290 beheben und eine normale Funktion des Gens ermöglichen.

Welche Krankheit wird behandelt?

Die seltene Erbkrankheit LCA10 wird durch Mutationen in mindestens 15 verschiedenen Genen verursacht, darunter auch das Gen CEP290. Dieser Gendefekt stört die Funktion von Photorezeptorzellen in der Augennetzhaut und führt bereits im frühen Kindesalter zur Erblindung.

Wie wirkt die Therapie?

Die CRISPR-basierte Therapie EDIT-101 soll die Mutation herausschneiden und die Aktivität des CEP290-Gen wiederherstellen. Die Therapie wird dazu direkt unter die Netzhaut des Auges injiziert.

Gibt es bereits Zwischenergebnisse?

Die BRILLIANCE-Studie untersucht die Sicherheit und Wirksamkeit von EDIT-101 an insgesamt 18 Kindern und Erwachsenen. Im März 2020 wurde der erste Patient behandelt. Erste Daten aus dem Jahr 2022 waren eher enttäuschend, im Mai 2024 sahen die Ergebnisse etwas besser aus: Bei 11 von 14 Behandelten zeigte sich eine deutliche Verbesserung der Sehkraft. Von einer Heilung ist die Therapie aber noch weit entfernt4.

Ob der Ansatz kommerziell erfolgreich sein kann, ist jedoch fraglich. Aufgrund des finanziellen Risikos hat Editas bereits 2022 die Notbremse gezogen und die Aufnahme neuer Studienteilnehmer gestoppt. Seither sucht die Firma nach einem finanzstarken Partner für die Weiterführung der Studie5.

Familiäre Hypercholesterinämie (Verve Therapeutics)

Die meisten Varianten von CRISPR/Cas zerschneiden den DNA-Strang in zwei Teile – ein Eingriff mit potenziell schädlichen Folgen. Eine neue Variante soll das Erbgut auf schonendere Art verändern: Sie lässt den DNA-Strang weitgehend intakt, verändert aber gezielt einzelne Basen. Diese Methode wird base editing genannt.

Welche Krankheit wird behandelt?

Die US-Firma Verve Therapeutics will mit dem CRISPR-basierten base editing die angeborene familiäre Hypercholesterinämie behandeln. Diese relativ häufige Störung des Lipid-Stoffwechsels erhöht das Risiko von Arteriosklerose und Herzinfarkt.

Wie wirkt die Therapie?

Die Therapie trägt die Bezeichnung VERVE-102. Die genetische Information für die Genschere und die Zielsequenz werden in Lipid-Vesikel verpackt und direkt in die Blutbahn gegeben. Im Erbgut von Leberzellen tauscht das base editing an einer Stelle die Base Adenin (A) durch Guanin (G) aus – in der Folge wird das Gen PCSK9 inaktiviert.

Die natürliche Funktion des Enzyms PCSK9 besteht darin, die Zahl von LDL-Cholesterin-Rezeptoren auf der Oberfläche von Zellen zu senken. Die Inaktivierung von PCSK9 erhöht die Zahl der Rezeptoren, LDL-Cholesterin wird vermehrt von Zellen aufgenommen und verschwindet aus dem Blutkreislauf. Drei andere, nicht CRISPR-basierte Arzneimittel sind bereits als PCSK9-Hemmer zugelassen.

VERVE-102 ist die optimierte Version der älteren Therapie VERVE-101. Diese hatte sich in einer kleinen Studie zwar als wirksam erwiesen, aber bei einem Teilnehmer Komplikationen ausgelöst. VERVE-102 nutzt daher veränderte Lipid-Nanopartikel, die in der Regel weniger Nebenwirkungen verursachen.

Gibt es bereits Zwischenergebnisse?

Im Mai 2024 wurden die Zwischenergebnisse einer Studie veröffentlicht mit 14 Teilnehmern veröffentlicht6. Ein Teil der Behandelten litt an familiärer Hypercholesterinämie, ein anderer hatte bereits in jungen Jahren eine koronare Herzerkrankung entwickelt.

Eine hohe Dosis der Therapie konnte das LDL-Cholesterin nach 28 Tagen um etwa 50 Prozent senken. Schwere Nebenwirkungen traten nicht auf.

Hereditäres Angioödem (Intellia Therapeutics)

Eine zweite Studie der US-Firma Intellia Therapeutics nutzt CRISPR/Cas, um die teils lebensgefährlichen Schwellungen beim hereditären Angioödem zu verhindern. Die Therapie wirkt auf Leberzellen und inaktiviert das Gen des Plasmaproteins Kallikrein. Erste Zwischenergebnisse zeigen, dass die Kallikrein-Spiegel deutlich sinken und manche Behandelte frei von Symptomen blieben.

Welche Krankheit wird behandelt?

Das hereditäre Angioödem (HAE) ist eine seltene Erbkrankheit, die etwa 1 von 50 000 Menschen betrifft7. Ursache ist ein Defekt in dem Gen des C1-Inhibitors, der u. a. an der Regulierung des Kallikrein-Kinin-Systems beteiligt ist. Als Folge kommt es in unregelmäßigen Abständen zu Schwellungen, meist im Gesicht oder an den Gliedmaßen. Wenn die Schwellungen die oberen Atemwege betreffen, können Todesfälle durch Erstickung eintreten.

Wie wirkt die Therapie?

Der Verlust des C1-Inhibitors führt zu einer verstärkten Aktivierung von Kallikrein, die wiederum eine verstärkte Wassereinlagerung in Körpergeweben verursacht. Die Gentherapie NTLA-2002 verhindert die Symptome, indem sie die Freisetzung von Kallikrein in das Blut verringert.

Dazu wird die genetische Information der Genschere CRISPR/Cas und der Zielsequenz in Lipidvesikel verpackt und direkt in das Blut der Betroffenen gegeben. Nach Aufnahme durch Leberzellen inaktiviert die Genschere das Kallikrein-Gen.

Gibt es bereits Zwischenergebnisse?

Die Studie startete im Dezember 2021, die letzten Zwischenergebnisse wurden im Februar 2024 in einem Fachjournal veröffentlicht8. 10 Patienten hatten drei verschiedene Dosierungen erhalten, die Beobachtungszeit betrug bis zu 13 Monate. Die wichtigsten Ergebnisse lauteten:

  • der Plasmaspiegel von Kallikrein sank bei der niedrigen Dosis nach 48 Wochen um 67 %, bei der hohen Dosis nach 32 Wochen um 95 %
  • die Zahl der entzündlichen Reaktionen verringerte sich um durchschnittlich 95 %
  • bei 9 von 10 Teilnehmern waren die Anfälle vollständig verschwunden, die Wirkung hielt bis zu 13 Monaten an
  • die Therapie wurde meist gut vertragen

AIDS (Excision BioTherapeutics)

Bisherige Therapien halten die Immunschwäche AIDS zwar unter Kontrolle, können das HI-Virus aber nicht restlos aus dem Körper beseitigen. Ein Ansatz der US-Firma Excision BioTherapeutics soll diese ruhenden Viren aufspüren und unschädlich machen. Das Ziel ist eine vollständige Heilung von AIDS.

Welche Krankheit wird behandelt?

HIV ist ein Retrovirus und kann sich direkt in das Erbgut der befallenen Zellen einlagern. Es geht dann in eine ruhende Form über, die von gängigen retroviralen Therapien nicht erfasst wird. Die ruhenden Viren können erwachen, sich im Körper ausbreiten und einen erneuten Ausbruch der Immunschwäche verursachen. Um dies zu vermeiden, müssen AIDS-Kranke lebenslang Medikamente einnehmen.

Wie wirkt die Therapie?

Die CRISPR-Therapie EBT-101 soll AIDS-Kranken helfen, deren akute Krankheitssymptome durch die retrovirale Therapie vollständig unterdrückt werden9. Sie schneidet das HIV-Genom an drei unterschiedliche Stellen, um möglichst große Bereiche zu eliminieren. Dies soll die Entwicklung von Resistenzen durch das Virus weitgehend unterdrücken.

Die genetischen Informationen für die Genschere und die Zielsequenzen werden mit einer AAV-Genfähre in den Körper transportiert. Dazu erfolgt eine einmalige Infusion in die Venen.

Gibt es bereits Zwischenergebnisse?

Der erste Patient wurde im Juli 2022 behandelt, zwei weitere folgten bis Ende 2023. Erste Daten nach bis zu 12 Monaten zeigten, dass der Eingriff nur geringe Nebenwirkungen ausgelöst hat. Die ersten Daten zur Wirksamkeit stehen wohl frühestens 2024 zur Verfügung10.

Ornithin-Transcarbamylase-Mangel (iECURE)

Die erste in-vivo-Gentherapie an einem Säugling fand 2024 statt: Ein 6 Monate alter Junge wurde vor den Folgen einer seltenen Stoffwechselkrankheit geschützt. Die US-Firma iECURE setzt dabei nicht auf die Genschere CRISPR/Cas, sondern auf ein Enzym namens Arcus.

Gründer von iECURE ist der Gentherapie-Pionier James Wilson. Wilson hatte bereits vor mehr als 25 Jahren die erste Gentherapie gegen den OTC-Mangel erprobt: Die Studie endete jedoch mit dem tragischen Tod des 19-jährigen Jesse Gelsinger. Dieser Tod warf die Gentherapie damals um Jahre zurück.

Welche Krankheit wird behandelt?

Der Ornithin-Transcarbamylase (OTC)-Mangel ist eine seltene Erbkrankheit, an der weltweit etwa 1000 Neugeborene pro Jahr erkranken. Ein Defekt des Stoffwechselenzyms OTC behindert den Abbau von Eiweißen und führt zu einem Anstieg des Giftstoffs Ammoniak im Blut.

Bei schwerem Verlauf kann der OTC-Mangel innerhalb des ersten Lebensjahres zum Tod führen. Die Behandlung erfolgt mit einem Medikament, das die Wirkung des Ammoniaks neutralisiert. Zusätzlich erhalten die Kinder eine fast eiweißfreie Diät. Eine Heilung ist bisher nur durch eine Lebertransplantation möglich.

Wie wirkt die Therapie?

Die Gentherapie beruht auf zwei AAV-Genfähren. Die erste Fähre schleust ein genetisches Konstrukt – ein Episom – mit dem korrekten OTC-Gen in den Körper ein. Das Episom gelangt jedoch nicht von selbst ins Erbgut: In den schnell wachsenden Organen eines Kindes geht das Gen damit vermutlich schnell wieder verloren.

Nötig ist daher eine zweite AAV-Genfähre, die zeitgleich ein DNA-schneidendes Enzym in die Zellen transportiert. Dieses Arcus-Enzym schneidet das Chromosom 1 an der Stelle des PCSK9-Gens. Dies schafft eine Lücke im Erbgut, die vom Episom mit dem OTC-Gen gefüllt wird.

Gibt es bereits Zwischenergebnisse?

Im Januar 2025 veröffentlichte iECURE ein Zwischenergebnis mit dem ersten behandelten Kind12. Der Eingriff konnte die Auswirkungen des OTC-Mangels mildern. Im Alter von 12 Monaten hatten sich die Ammoniakwerte im Blut normalisiert, das Kind konnte altersgerechte Mengen an Eiweiß zu sich nehmen. Spezielle Medikamente waren nicht mehr erforderlich. Als Nebenwirkung trat nur eine schwache, gut behandelbare Entzündungsreaktion auf.

Insgesamt sollen 13 Kinder die Therapie erhalten.

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (Beam Therapeutics)

Die Methode des base editing wird auch eingesetzt, um die Stoffwechselkrankheit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (AATM) zu behandeln. Erste Ergebnisse deuten an, dass dieser Ansatz eine Mutation im SERPINA1-Gen erfolgreich korrigieren kann. Ob sich dadurch auch der Zustand der Behandelten verbessert, ist noch unklar.

Welche Krankheit wird behandelt?

Ursache der AATM ist eine Mutation im SERPINA1-Gen. Der Austausch eines einzigen DNA-Buchstabens führt dazu, dass anstelle der Aminosäure Lysin eine Glutaminsäure in das Protein Alpha-1-Antitrypsin (AAT) eingebaut wird. Durch den Austausch kommt es zu einer Fehlfaltung des Proteins.

Fehlgefaltetes AAT reichert sich in den Leberzellen an und führt langfristig zu Leberschäden. Außerdem kommt es zu einem Mangel an funktionsfähigem AAT im Blut: Immunzellen können dann bei Entzündungsreaktionen schwere Schäden in der Lunge verursachen.

Wie wirkt die Therapie?

Die Gentherapie BEAM-302 nutzt eine Variante der Genschere CRISPR/Cas, um im SERPINA1-Gen gezielt eine DNA-Base auszutauschen (Adenin zu Guanin). Dadurch wird die Aminosäure Lysin anstelle einer Glutaminsäure in das AAT-Protein eingebaut. Das Protein kann sich dann korrekt falten und seine natürliche Funktion erfüllen.

Die Komponenten von BEAM-302 werden in Lipidvesikel verpackt und direkt in den Blutkreislauf injiziert. Wenn Leberzellen die Vesikel aufnehmen, wird das base editing aktiviert und das Erbgut verändert.

Gibt es bereits Zwischenergebnisse?

Die ersten Ergebnisse einer Studie mit 9 Teilnehmern wurden im März 2025 veröffentlicht13. Es zeigte sich, dass innerhalb von 4 Wochen die Gesamtmenge an AAT im Blut anstieg, während die Menge an fehlgefaltetem Protein abnahm. Dieser Effekt war umso stärker, je höher die verabreichte Dosis war. Ob sich dadurch auch die Lungenprobleme der Behandelten besserten, war zu diesem Zeitpunkt noch unklar.

Carbamoylphosphat-Synthetase-1-Mangel

Im Jahr 2025 wurde erstmals ein Säugling mit einer CRISPR-Therapie behandelt, die eigens für ihn entwickelt wurde14. Der Eingriff linderte die Sympome einer schweren, häufig tödlich verlaufenden Stoffwechelerkrankung. Damit gelang der grundsätzliche Nachweis, dass maßgeschneiderte Behandlungen – auch „N-of-1-Therapien‟ genannt – eine Option für Menschen mit sehr seltenen Erbkrankheiten sein können.

Welche Krankheit wird behandelt?

Der Carbamoylphosphat-Synthetase-1-(CPS1)-Mangel beruht auf einem erblichen Defekt eines Enzyms, das eine wichtige Rolle im Harnstoff-Stoffwechsel spielt. Der Enzym-Mangel führt zu einer Anreicherung von Ammoniak im Blut. Ammoniak ist ein Zellgift, das vor allem das Gehirn schwer schädigen kann. Ohne Behandlung können die Betroffenen ins Koma fallen und versterben.

Die Folgen des CPS1-Mangels zeigen sich meist schon in den ersten Lebenstagen. Eine eiweißarme Diät kann die Symptome lindern. Zusätzlich gibt es Medikamente, die das Ammoniak im Blut neutralisieren. Im Kleinkindalter kommt auch eine Lebertransplantation infrage.

Wie wirkt die Therapie?

Die Therapie beruht auf einer CRISPR/Cas-Variante, die ein Base Editing in den Leberzellen durchführt. Dabei wird ein einzelner DNA-Buchstabe im Erbgut verändert und die Aktivität des Stoffwechsel-Enzyms wiederhergestellt.

Forschende eines Kinderhospitals in Philadelphia (USA) entwickelten diese Therapie innerhalb von 7 Monaten. Sie analysierten in kurzer Zeit das Erbgut des Säuglings, entwickelten einen Heilungsansatz, erzeugten die Reagenzien, testeten deren Sicherheit in Tierversuchen und erhielten die behördliche Zulassung.

Der Säugling erhielt zwei Behandlungen im Alter von 7 und 8 Monaten.

Gibt es bereits Zwischenergebnisse?

Der Säugling – unter dem Kürzel KJ bekannt – vertrug den Eingriff gut und die Symptome der Erkrankung ließen bald nach. Er konnte mehr Eiweiß zu sich nehmen und benötigte weniger Medikamente. Seine Entwicklung verlief in den ersten drei Monaten weitgehend normal.

Der Erfolg ist ein grundsätzlicher Beweis dafür, dass N-of-1-Therapien vielen Menschen mit seltenen Erkrankungen die dringend benötigte Behandlung ermöglichen könnten.

Störungen im Fettstoffwechsel (CRISPR Therapeutics)

Eine Gentherapie kann das Protein ANGPTL3 in Leberzellen ausschalten und so die Blutfettwerte deutlich senken. Dies zeigte eine Studie mit zehn Patienten, die unter schweren Störungen des Fettstoffwechsels litten. Durchgeführt wurde die Studie von CRISPR Therapeutics.

Welche Krankheit wird behandelt?

Die Behandelten litten unter vier unterschiedlichen Erkrankungen, die den Stoffwechsel von LDL-Cholesterin und Triglyziden störten.

Wie wirkt die Therapie?

Das Protein ANGPTL3 ist ein Signalmolekül, das die Konzentration der Blutfette indirekt beeinflusst. Die aktuelle Studie nutzte Lipidvesikel, um die genetische Information für die Genschere Cas9 und die Zielsequenz in den Körper einzuschleusen. Als Folge wurde die Aktivität des Gens ANGPTL3 in Leberzellen ausgeschaltet.

Gibt es bereits Zwischenergebnisse?

In höheren Dosen verringerte die Gentherapie die Blutwerte von LDL-Cholesterin und Triglyzeriden um bis zu 60 Prozent 15. Schwere Nebenwirkungen traten nicht auf.

1 Gillmore et al., CRISPR-Cas9 In Vivo Gene Editing for Transthyretin Amyloidosis, New England Journal of Medicine, August 2021 (Link)
2 Studie NCT04601051, Study to Evaluate Safety, Tolerability, Pharmacokinetics, and Pharmacodynamics of NTLA-2001 in Patients With Hereditary Transthyretin Amyloidosis With Polyneuropathy (ATTRv-PN) and Patients With Transthyretin Amyloidosis-Related Cardiomyopathy (ATTR-CM), ClinicalTrials.gov, abgerufen im März 2022 (Link)
alle Referenzen anzeigen 3 K. LaHucik, Intellia's CRISPR program that edits genes directly in patients shows durability in ATTR amyloidosis, Endpoint News, Juni 2022 (Link)
4 Pierce et al., Gene Editing for CEP290-Associated Retinal Degeneration, New England Journal of Medicine, Mai 2024 (Link)
5 N. Pagliarulo, Editas to seek partner for CRISPR medicine after lackluster study results , BioPharmaDive, November 2022 (Link)
6 B. Fidler, Verveʼs second swing at gene editing for heart disease shows early promise, BioPharma Dive, April 2025 (Link)
7 Dobke und Wahn, Hereditäres Angioödem (HAE), kinderblutkrankheiten.de, Stand Juli 2020 (Link)
8 Longhurst et al., CRISPR-Cas9 In Vivo Gene Editing of KLKB1 for Hereditary Angioedema, New England Journal of Medicine, Februar 2024 (Link)
9 Excision BioTherapeutics, Excision BioTherapeutics Doses First Participant in EBT-101 Phase 1/2 Trial Evaluating EBT-101 as a Potential Cure for HIV, Pressemitteilung, September 2022 (Link)
10 A. Regalado, Three people were gene-edited in an effort to cure their HIV. The result is unknown., MIT Technology Review, Oktober 2023 (Link)
11 B. Fidler, First-of-its-kind Intellia data suggest CRISPR drug could be given more than once, BioPharma Dive, Juni 2024 (Link)
12 Ornithin-Transcar­bamylase-Mangel: Neues Gen-Editing könnte Säugling geheilt haben, Deutsches Ärzteblatt, Januar 2025 (Link)
13 Beam Therapeutics, Beam Therapeutics Announces Positive Initial Data for BEAM-302 in the Phase 1/2 Trial in Alpha-1 Antitrypsin Deficiency (AATD), Demonstrating First Ever Clinical Genetic Correction of a Disease-causing Mutation, Pressemitteilung März 2025 (Link)
14 Musunuru et al., Patient-Specific In Vivo Gene Editing to Treat a Rare Genetic Disease, New England Journal of Medicine, Mai 2025 (Link)
15 N. Taylor, CRISPR Therapeutics sees 80% fall in LDL, triglycerides after in vivo liver editing, Fierce Biotech, Mai 2025 (Link)

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