Single nucleotide polymorphisms – die häufigsten Veränderungen im Erbgut

Das menschliche Erbgut enthält viele Millionen genetischer Varianten. Sie beruhen meist auf dem Austausch einzelner Buchstaben in der DNA-Sequenz.

Jeder Mensch ist einzigartig, und der Grund dafür liegt (auch) in seinem Erbgut. Nahezu jedes Gen kommt in mehreren Varianten vor, die zum Teil auch unterschiedliche Eigenschaften haben. Manchmal sind diese Veränderungen weitreichend und verändern die Funktion eines Gens deutlich. In der Regel sind die Unterschiede zwischen den Genvarianten jedoch sehr gering und die Auswirkungen kaum spürbar.

Genetische Varianten

Bei einem single nucleotide polymorphism (SNP) ist ein einzelner DNA-Buchstabe ausgetauscht

Was ist ein single nucleotide polymorphism oder SNP?

Etwa 9 von 10 genetischen Veränderungen beschränken sich auf das absolute Minimum – den Austausch eines einzelnen Buchstabens in der DNA-Sequenz. Wissenschaftler nennen dies einen single nucleotide polymorphism oder SNP (sprich „snip“).

Ein SNP kann innerhalb eines Gens auftreten und den Einbau von Aminosäuren in ein Protein beeinflussen. Häufig haben die Änderungen jedoch keinen Einfluss auf das Protein: Der SNP bewirkt einen „synonymen“ Austausch, er bleibt „stumm“. Zudem liegen SNPs meist in Bereichen, die zwischen den Genen liegen und deren Funktion unklar ist.

SNPs sind erblich. Sie finden sich daher auch in den Zellen der Keimbahn, aus denen die Ei- und Samenzellen entstehen. Über viele Generationen hinweg sind die SNPs zu einem Teil der menschlichen Erbinformation geworden, die in ihrer Gesamtheit als „Genpool“ bezeichnet wird.

Wie entstehen SNPs?

Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie sich ein SNP im Erbgut entwickeln kann. Sie können bei der Vermehrung von Keimzellen entstehen, wenn sich bei der Verdopplung der DNA Fehler einschleichen. Die wahrscheinlich häufigste Ursache ist jedoch ein natürlicher Zerfallsprozess, bei dem eine DNA-Base in eine andere umgewandelt wird. Dabei kommt es vor allem zur Umwandlung von Cytosin zu Thymin1.

In ihrer Entstehung gleichen SNPs einer sogenannten Punktmutation. Doch als Punktmutationen gelten meist Veränderungen, die in normalen Gewebezellen auftreten – diese verschwinden auch wieder spurlos, wenn die Zellen absterben. SNPs hingegen sind, wie oben beschrieben, im menschlichen Erbgut fest verankert.

Wie häufig sind SNPs?

In einer großen Datenbank haben Forscher bisher über 400 Millionen kleine Veränderungen im menschlichen Erbgut zusammengetragen, die meisten davon sind SNPs2. Das ist vermutlich noch nicht die endgültige Zahl: Britische Forscher haben kürzlich das Erbgut von 150 000 Menschen untersucht und sind dabei auf 585 Millionen SNPs gestoßen1. Allerdings sind die meisten dieser SNPs sehr selten: 97 Prozent der Veränderungen traten bei weniger als 150 Menschen auf.

Können SNPs Krankheiten auslösen?

Es ist seit langem bekannt, dass Veränderungen einzelner Buchstaben im Erbgut zu Krankheiten führen können. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Sichelzellanämie, die auf einer Punktmutation im Blutfarbstoff Hämoglobin beruht. Wenn Punktmutationen jedoch direkt zu schweren Erkrankungen führen, ist die Bezeichnung SNPs unüblich.

Dennoch besteht ein enger Zusammenhang zwischen SNPs und Krankheiten. SNPs dienen als Marker für genetische Varianten, die das Risiko von Erkrankungen beeinflussen. Diese genetischen Varianten tragen meist nur einen kleinen Teil zum Krankheitsrisiko bei. Je mehr Risikovarianten zusammenkommen, desto höher wird jedoch auch die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung.

Forscher kennen mehr als 800 000 kleine genetische Veränderungen, die an 2500 Erkrankungen oder menschlichen Eigenschaften beteiligt sind2. Die meisten dieser Veränderungen sind SNPs.

Wie helfen sie der Forschung?

In der medizinischen Forschung spielen SNPs eine wichtige Rolle. Auch wenn sie nicht die direkte Ursache von Krankheiten sind, können sie dennoch Aufschluss über deren genetische Grundlagen geben. In großen Assoziationsstudien wird daher intensiv nach SNPs gesucht, die besonders häufig im Zusammenhang mit bestimmten Krankheiten auftreten. Die Analyse dieser SNPs erlaubt dann Rückschlüsse auf die möglicherweise beteiligten Gene3.

Manche dieser Erkenntnisse werden bereits in der Praxis genutzt. Das Forschungsfeld der Pharmakogenetik kann so in manchen Fällen vorhersagen, wie ein Medikament im Einzelfall wirken wird. Und kommerziell erhältliche Gentests versuchen, durch den Nachweis von SNPs auf persönliche Krankheitsrisiken zu schließen.

1 Halldorsson et al., The sequences of 150,119 genomes in the UK Biobank, Nature, Juli 2022 (Link)
2 Sayers et al., Database resources of the National Center for Biotechnology Information , Nucleic Acids Research, Oktober 2020 (Link)
3 Hutchinson et al., Fine-mapping genetic associations, Human Molecular Genetics, September 2020 (Link)

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Kurz und knapp

  • ein SNP ist die kleinste denkbare Mutation der DNA, bei der nur eine einzelne Base ausgetauscht wird
  • im menschlichen Erbgut sind bislang mindestens 400 Millionen SNPs bekannt
  • die Untersuchung von SNPs kann Hinweise auf die genetischen Ursachen von Krankheiten geben
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