März 2024
Dieser Newsletter von wissensschau.de informiert im Abstand von zwei Monaten über jüngste Entwicklungen bei der Gentherapie und den CAR-T-Zellen.

 

Klinische Studien

CAR-T-Zellen lindern drei Autoimmunkrankheiten

New England Journal of Medicine

Forscher der Universität Erlangen-Nürnberg haben drei Autoimmunerkrankungen erfolgreich mit CAR-T-Zellen behandelt. Acht Patienten mit systemischem Lupus erythematodes waren nach dem Eingriff beschwerdefrei. Gleiches gilt für drei Patienten mit idiopathischer Myositis. Bei vier Patienten mit systemischer Sklerose besserten sich die Symptome deutlich. Alle Behandelten konnten nach der CAR-T-Zelltherapie auf immunsuppressive Medikamente verzichten. Diese vorläufigen Ergebnisse wurden im Februar im New England Journal of Medicine veröffentlicht.

Alle 15 Behandelten litten zuvor unter einem schweren Krankheitsverlauf und hatten kaum noch andere Behandlungsmöglichkeiten. Die Nebenwirkungen der CAR-T-Zelltherapie blieben mild bis moderat. Die mittlere Beobachtungszeit betrug 15 Monate, einzelne Lupus-Patienten blieben bis zu zwei Jahre rückfallfrei. Die Studie hatte bereits zuvor das Interesse von Biotech-Unternehmen geweckt: Mindestens drei Firmen arbeiten an neuen Therapien, rund ein Dutzend klinische Studien laufen bereits. Auch die Erlanger Forscher wollen ihre Studien fortsetzen und mehr als 20 neue Patienten einschließen.

Anwendung

Vyjuvek schützt Teenager vor Erblindung

Deutsches Ärzteblatt

Ein 13-jähriger Junge behält sein Augenlicht, weil die Gentherapie Vyjuvek eine Narbenbildung im Auge gestoppt hat. Eine seltene Erbkrankheit hatte die Hornhaut der Augen geschädigt: Es drohte ein endgültiger Verschluss der Augenlider. Nach einer Operation in einer amerikanischen Klinik half Vyjuvek, eine neue Hornhaut zu bilden. Acht Monate nach der Behandlung war die Sehkraft wieder weitgehend normal. Der Fallbericht wurde in der Februar-Ausgabe des New England Journal of Medicine veröffentlicht.

Der behandelte Junge leidet unter der dystrophen Epidermolysis bullosa, bei der sich die oberen Hautschichten leicht ablösen und Blasen bilden können. Bei etwa 1 von 4 Patienten sind auch die Binde- und Hornhaut der Augen betroffen. Die Gentherapie Vyjuvek wird als Salbe auf geschädigte Hautstellen aufgetragen. Sie fördert die Bildung von Collagen-Molekülen, die für die Verankerung der Oberhaut notwendig sind. Im aktuellen Fall wurde die Therapie erstmals auch am Auge angewendet.

Teure Gentherapien: Krankenkasse warnt vor Überlastung

Techniker Krankenkasse

Bis zu 49 Gentherapien könnten in den nächsten Jahren neu auf den Markt kommen, bis zu 3,8 Millionen Deutsche könnten davon profitieren. Die Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung wären allerdings erheblich: Die Techniker Krankenkasse hat im März eine Studie veröffentlicht, die von einer möglichen Gesamtbelastung von bis zu 36 Milliarden Euro ausgeht. Diese Summe könnte die Krankenversicherung an ihre finanziellen Grenzen bringen.

Wie kann unser Gesundheitssystem auf diese Herausforderung reagieren? Als mögliche Lösung nennt der Bericht das japanische System: Die Arzneimittelpreise errechnen sich aus den Herstellerkosten plus einer variablen Prämie. Damit ist es Japan gelungen, die Gesamtkosten für Arzneimittel weitgehend stabil zu halten, ohne die Versorgung der Bevölkerung zu gefährden.

Forschung

Genschere repariert Immunzellen und lindert schwere Entzündung

Science Immunology

Eine Gruppe seltener Erbkrankheiten – die Familiäre Hämophagozytische Lymphohistiozytose (FHL) – kann bei Säuglingen zu schweren bis tödlichen Entzündungen führen. Deutschen Forschern ist es nun gelungen, ein vergleichbares Krankheitsbild bei Mäusen mit der Genschere CRISPR/Cas9 zu lindern. Dazu isolierten sie langlebige Gedächtniszellen des Immunsystems und korrigierten einen Fehler in einem defekten Gen. Die Studie wurde im Februar in der Fachzeitschrift Science Immunology veröffentlicht.

Zusätzlich führten die Forscher Laborversuche mit Blutproben durch, die von zwei betroffenen Säuglingen stammten. Dabei zeigte sich, dass der Ansatz grundsätzlich auch beim Menschen erfolgreich sein könnte. Die veränderten Gedächtniszellen könnten in Zukunft eine eigenständige Therapie darstellen oder die Wartezeit bis zu einer rettenden Knochenmarktransplantation überbrücken.

Neue Zulassungen

CRISPR-Therapie Casgevy in der EU zugelassen

European Medicines Agency

Im Februar hat die Europäische Union die erste Therapie zugelassen, die auf der Genschere CRISPR/Cas9 beruht: Casgevy lindert die Symptome von Sichelzellanämie und ß-Thalassämie, indem sie eine fetale Form des Blutfarbstoffs Hämoglobin aktiviert. In Großbritannien und den USA hat die CRISPR-Therapie bereits vor einigen Monaten die Zulassung erhalten. Über den voraussichtlichen Preis in Europa ist noch nichts bekannt.

Gentherapie gegen Stoffwechselkrankheit in den USA zugelassen

American Society of Gene & Cell Therapy

Die US-Arzneimittelbehörde hat die Gentherapie Lenmeldy zur Behandlung der metachromatischen Leukodystrophie (MLD) zugelassen. Diese seltene Erbkrankheit verursacht schwere Schäden an den Nervenzellen, die bei betroffenen Kindern einen fortschreitenden Verlust der motorischen Fähigkeiten auslöst. Lenmeldy gleicht einen Mangel des Stoffwechselenzyms ARSA aus. Rechtzeitig eingesetzt, ermöglicht die Therapie den behandelten Kindern eine weitgehend normale Entwicklung. In der EU ist Lenmeldy bereits seit 2020 unter dem Namen Libmeldy zugelassen.

Medienspiegel

Krankheiten im Mutterbauch heilen

STAT

Tippi MacKenzie entwirft die Zukunft der Gentherapie: Schwere Erbkrankheiten heilen, bevor sich ihre schädlichen Auswirkungen bemerkbar machen. Dazu müssen Kinder oft schon vor der Geburt behandelt werden – im Bauch der Mutter. Mit der Genschere CRISPR/Cas scheint dieses Ziel erreichbar.

Doch die Genschere könnte auch das Erbgut des Fetus ungewollt verändern. Vor allem Mutationen in der Keimbahn wären ethisch schwer zu rechtfertigen. Die US-Forscherin MacKenzie arbeitet beharrlich daran, diese und andere Hürden zu überwinden. Im Online-Magazin STAT berichtet die Autorin Megan Molteni über diese Arbeit – und erzählt dabei viel über die Geschichte der Gentherapie.

 
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