Metastasen – leicht zu entdecken, schwer zu behandeln

Metastasen sind die häufigste Todesursache bei Krebs. Moderne Verfahren spüren die gefährlichen Kolonien oft zuverlässig auf, doch wirksame Therapien bleiben Mangelware.

Immuntherapien und zielgerichtete Medikamente – bei der Bekämpfung von Krebs hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Doch die Therapie von Metastasen scheint auf der Stelle zu treten: Ihre Aggressivität und Resistenz bleiben ein zentrales Problem. Nimmt die Zahl der Kolonien überhand, kann der Kampf fast aussichtslos werden. 9 von 10 Menschen mit Krebs sterben daher nicht am ursprünglichen Tumor, sondern an den Metastasen1,2.

Aufnahme von Metastasen in einem Lymphknoten im Hals­bereich.
Metastasen in einem Lymphknoten im Halsbereich. Dargestellt mit einer Mischung aus Computertomographie und Positronen-Emissions-Tomographie. (Bild: A. Kouchiyama)

Die Diagnose ist dabei das geringste Problem: Bildgebende Verfahren spüren Metastasen meist zuverlässig auf, egal in welchem Organ sie sich verbergen. Dank stetiger Fortschritte liefern Röntgenaufnahmen, Computer- und Kernspintomographie gut aufgelöste Bilder, auf denen die Krebskolonien leicht auszumachen sind3.

Verräterischer Stoffwechsel

Andere Methoden spüren verräterische Signale auf, die den speziellen Stoffwechsel der Krebszellen sichtbar machen. Wenn diese Instrumente, Szintigraphen und Positronen-Emissions-Tomographen genannt, mit den klassischen bildgebenden Verfahren kombiniert werden, können sie Metastasen noch eindeutiger identifizieren.

Keines dieser Verfahren ist jedoch absolut sicher: Spezifität und Sensitivität – wichtige Eckwerte für die Zuverlässigkeit der Methoden – schwanken zwischen 73 und 97 %. Für eine verlässliche Diagnose ist das oft zu wenig.

Deshalb wird ein Arzt bei Verdacht auf Metastasen immer mindestens eine weitere Methode zu Rate ziehen, um die Diagnose doppelt abzusichern. Das funktioniert aber nur bis zu einer gewissen Größe: Sogenannte Mikrometastasen, die kleiner als zwei Millimeter sind, bleiben meist unentdeckt.

Forscher hoffen, dass in Zukunft weitere Methoden die bildgebenden Verfahren ergänzen können. Viele Ansätze versuchen, das Erbgut der Metastasen im Blut nachzuweisen („liquid biopsy“). Bisher ist diese neue Diagnosemethode jedoch nur für wenige Fälle zugelassen4.

Wie viele Metastasen, und wo?

Was geschieht, wenn Ärzte Metastasen entdeckt haben? Das hängt stark von den Umständen und dem Zustand des Patienten ab. Zwei Befunde spielen dabei eine entscheidende Rolle: Die Anzahl der Metastasen und der Ort, an dem sie sich angesiedelt haben.

Im günstigsten Fall haben sich nur wenige Metastasen an gut erreichbaren Stellen gebildet. Dann stehen die Chancen für eine erfolgreiche Behandlung gut. Die Therapie besteht in der Regel aus einer Operation, bei der ein Chirurg die Metastasen aus dem gesunden Gewebe entfernt. An die Operation schließt sich häufig eine Chemo- oder Strahlentherapie an (adjuvante Therapie). Manchmal werden diese Behandlungen auch vor dem operativen Eingriff durchgeführt (neoadjuvante Therapie).

Kaum Fortschritte bei schweren Fällen

Die Erfolgsaussichten sinken allerdings rapide, wenn die Zahl der Metastasen zu groß ist oder sie sich an Stellen befinden, die eine Operation ausschließen. Doch auch wenn die Lage aussichtslos ist, werden viele dieser Patienten noch behandelt: Eine palliative Therapie soll das Leiden erträglicher machen und die verbleibende Lebenszeit etwas verlängern.

Forscher suchen intensiv nach Alternativen zu den oftmals wirkunglosen Operationen. Hoffnung machen dabei sogenannte zielgerichtete Medikamente, die Schwachstellen des Tumors ausnutzen und ihn wirksam bekämpfen. Ein Beispiel ist der Wirkstoff Vemurafenib, der bei Melanomen teils spektakuläre Erfolge erzielt: Bei einzelnen Patienten verschwinden der Hautkrebs und alle Metastasen fast über Nacht. Doch von einer Heilung kann nicht die Rede sein – fast immer kehren der Krebs und die Metastasen nach einigen Monaten zurück. Sie entwickeln rasch Resistenzen, die das Medikament wirkungslos machen.

Andere Hoffnungen ruhen auf den Immuntherapien. Doch auch diese Behandlungen helfen bisher nur wenigen Patienten dauerhaft.

Die Bildung von Metastasen ist ein komplizierter Prozess, bei dem viele Faktoren eine Rolle spielen. Auch wenn Forscher in den letzten Jahren viel gelernt haben – von einem Durchbruch in der Therapie sind sie noch weit entfernt. Metastasen bleiben auf absehbare Zeit die größte Gefahr, die von einer Krebserkrankung ausgeht.

1 Deutsches Krebsforschungszentrum, Metastasen bei Krebs - Behandlung und Leben mit einer fortgeschrittenen Erkrankung, abgerufen im Juli 2023 von krebsinformationsdienst.de (Link)
2 Ganesh und Massagué, Targeting metastatic cancer, Nature Medicine, Januar 2021 (Link)
alle Referenzen anzeigen 3 Heindel et al., Bildgebende Diagnostik von Knochenmetastasen, Deutsches Ärzteblatt 2014 (Link)
4 Nikanjam et al., Liquid biopsy: current technology and clinical applications, Journal of Hematology & Oncology, September 2022 (link)
Aufnahme von Metastasen in einem Lymphknoten im Hals­bereich.
Metastasen in einem Lymphknoten im Hals­bereich. Dargestellt mit einer Mischung aus Computer­tomographie und Positronen-Emissions-Tomographie. (Bild: A. Kouchiyama)

Definition Metastasen

Metastasen sind Tochtergeschwülste eines Tumors aus einem anderen Körpergewebe. Sie stammen von bösartigen Krebszellen ab, die sich vom ursprünglichen Primärtumor gelöst und über Blut- und Lymphbahnen an ihren neuen Ort gewandert sind.

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Kurz und knapp

  • bildgebende Verfahren entdecken Metastasen, die größer als zwei Millimeter sind
  • andere Methoden erkennen den Stoffwechsel der Krebszellen
  • die wichtigste Therapie von Metastasen bleibt das Entfernen durch einen Chirurgen
  • Chemo- und Strahlentherapie können die Operation unterstützen
  • zielgerichtete Therapien hatten bislang meist nur kurzzeitig Erfolg
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